Computerspielsucht
Seit 2018 wird die Computerspielsucht (eng. “Gaming disorder”) im ICD-11 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als eigenständige Erkrankung angeführt. Sie ist durch übermäßiges und zwanghaftes Spielen von Computerspielen charakterisiert, was zu erheblichen Beeinträchtigungen im persönlichen, sozialen, und beruflichen Leben führen kann. Zur Einordnung einer vorhandenen Spielsucht, welche sowohl Online- als auch Offline-Spiele beinhaltet, nennt die WHO drei wesentliche Kriterien:
- Eingeschränkte Kontrolle über das Spielen (z. B. Beginn, Häufigkeit, Intensität, Dauer, Beendigung, Kontext)
- Zunehmende Priorität des Spielens in dem Maße, dass das Spielen Vorrang vor anderen Lebensinteressen und täglichen Aktivitäten hat
- Fortsetzung oder Eskalation des Spielens trotz negativer Konsequenzen
Das Verhaltensmuster muss hierbei so schwerwiegend sein, dass es in persönlichen, familiären, sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen zu erheblichen Beeinträchtigungen kommt und typischerweise für mindestens 12 Monate besteht. Betroffene vernachlässigen oftmals Schule bzw. Arbeit, Familie, Freunde und auch körperliche Grundbedürfnisse.
Was sind die Ursachen einer Computerspielsucht?
Die Ursachen einer Computerspielsucht liegen meist in einer Kombination aus folgenden 3 Bereichen:
- Merkmale der Person: Einige Menschen tragen genetisch bedingt eine erhöhte Anfälligkeit für Süchte in sich. Introvertierte Personen pflegen oft weniger soziale Kontakte und betreiben weniger Hobbies, was dazu führen kann, dass sie sich stärker von Computerspielen angezogen fühlen. Einsamkeit und emotionale Instabilität können ebenfalls zur Entstehung einer Computerspielsucht beitragen.
- Merkmale der Computerspiele: Spieleentwickler:innen integrieren bewusst Mechanismen in ihre Spiele, die unsere Dopaminausschüttung anregen und positive Emotionen wie Freude und Zufriedenheit auslösen. Während dies für die Mehrheit der Spieler:innen unbedenklich ist, kann ein kleiner Teil davon abhängig werden.
- Merkmale der Umwelt: Eine unterstützende Familie und ein hohes Bildungsniveau können als Schutzfaktoren vor Sucht dienen. Jedoch sind familiäre Probleme, Konflikte, Mobbing-Erfahrungen und Schicksalsschläge oft Auslöser für Computerspielsucht. Manchmal fungieren Eltern sogar selbst als schlechte Vorbilder. Auch die Gesellschaft spielt eine bedeutende Rolle, beispielsweise durch Leistungsdruck, die ständige Verfügbarkeit von Spielen und Sozialen Netzwerken sowie durch den starken Trend zur Digitalisierung.
Wie kann eine Computerspielsucht behandelt werden?
Im Gegensatz zu substanzgebundenen Süchten, bei denen das Hauptziel oft die vollständige Abstinenz ist, liegt der Schwerpunkt der Behandlung von Computerspielsucht darauf, die Kontrolle über die Computernutzung zurückzugewinnen. Ein zentraler Bestandteil der Psychoedukation besteht darin, individuelle Auslöser und aufrechterhaltende Faktoren der Abhängigkeit zu identifizieren. Im Verlauf der Therapie wird angestrebt, eine strukturierte Tagesroutine zu etablieren, die einen regulierten Schlaf-Wach-Rhythmus, Schul- oder Arbeitszeiten sowie festgelegte Mahlzeiten beinhaltet. Desweiteren wird besonderes Augenmerk darauf gelegt, soziale Kontakte in der „realen“ Welt wieder aufzunehmen.
Es ist wichtig zu beachten, dass Computerspielsucht häufig mit anderen psychischen Erkrankungen wie z.B. Depressionen oder Ängsten einhergeht. Diese können potenziell als auslösende Faktoren der Computerspielsucht wirken und müssen daher ebenfalls im Rahmen der Therapie berücksichtigt und behandelt werden.
Quellen:
World Health Organization. (2022). ICD-11: International classification of diseases (11th revision).
Müller, A., Wölfling, K., & Müller, K. W. (2018). Verhaltenssüchte – Pathologisches Kaufen, Spielsucht und Internetsucht (Vol. 70). Hogrefe Verlag GmbH & Company KG.